Obwohl auch im bürokratischen Deutschland keine offiziellen Statistiken über falsche Rechtschreibung geführt werden, können Redaktionen und Korrektoren doch aus Erfahrung die Wörter benennen, die sie in Artikel-Entwürfen und Manuskripten sehr häufig korrigieren. Hier folgt eine kleine "Hitliste" der gerne und oft falsch geschriebenen Wörter, wobei jeweils die falsche Form in Anführungsstriche ("") gesetzt wird:
Die Hitliste der falsch geschriebenen Wörter:
1. Herzlich willkommen: Nimmt in vielen Listen den 1. Platz der Falschschreibung ein.
Was erst einmal sehr schön ist, weil es darauf hinweist, dass in unserem Land viele Menschen an vielen Orten herzlich willkommen sind. Wenn diese dann jedoch schriftlich herzlich willkommen geheißen werden, gibt es keinen Grund, "Herzlich Willkommen" zu schreiben, wie es sehr häufig geschieht.
Genau von diesem "jemanden willkommen heißen" ist "Herzlich willkommen" nämlich abgeleitet. Groß geschrieben werden allerdings das substantivierte "herzliche Willkommen" und der "Willkommensgruß" als besonderer Gruß.
2. Seid und seit, Entgelt und endgültig, dementsprechend eben
Ihr "seit" bestimmt nicht Schuld daran, dass uns das "Endgeld seid" Wochen und vielleicht "entgültig" entgeht - ist nicht nur dem Sprachgefühl "endsprechent", sondern "ebend (ebent)" auch nach Rechtschreib-Regeln wirklich falsch.
Seid ist eine Deklinationsform von sein: Sein oder nicht sein, Ihr seid oder seid nicht.
Seit ist ein Zeitwort und wird nicht dekliniert: Seit gestern und seit hundert Jahren, seit ihr Freund und seit euer Vater...
Das Entgelt bezeichnet die Bezahlung für geleistete Dienste und hat trotzdem nichts mit Geld oder dem Ende der Arbeit zu tun: Das Wort ist aus dem Verb entgelten abgeleitet, das sich aus dem althochdeutschen Begriff intgeltan (zahlen; büßen) entwickelt hat.
Endgültig hat dagegen sehr wohl mit einem Ende zu tun, das Wort markiert die letzte, unumstößliche, abschließende (Entscheidung, Lösung, Beurteilung). Entsprechende Wortherleitungen können auch für das Adjektiv eben (ebene Wege sind gut zu begehen) angeführt werden, das sich aus dem althochdeutschen Wort eban (gleich flach) entwickelt hat. Hier wird das Wort aber als Partikel eingesetzt (das ist nun eben so), und es ist auch noch als Adverb in Gebrauch (Was hast du eben gesagt?) - und kommt in beiden Fällen ohne die falsche Verstärkung zu ebend oder ebent aus, die Berliner und Brandenburger gerne anhängen.
Dieser "Endsafter" (siehe Bild 7 der Fotostrecke auf www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/zwiebelfischchen-media-saturn-600-millionen-euro-fuer-ungeiles-deutsch-a-816725.html) wurde jedoch in Neu-Ulm in Bayern entdeckt.
3. wieder und wider
Schon "wider", immer "wider" "wieder" den Strom schwimmen, wenn dir zu bieder "zuwieder" ist, ist sicher gut für die Gesellschaft, aber trotzdem falsch geschrieben.
Wieder heißt: Noch einmal, erneut, wiederholt
Wider bedeutet: Entgegen, wie in zuwider, wider Willen, widerlich, widerspiegeln, Für und Wider (Pro und Contra) abwägen.
4. Tiger und Biber; Fieber, Fiber und Fiber
Der "Tieger" spricht sich wie der "Bieber", wird aber im Gegensatz zu diesem aus nicht bekannten Gründen sehr häufig mit "ie" geschrieben. Die erhöhte Temperatur namens Fieber (englisch fever), die Fiber = Pflanzenfaser, Muskelfaser, technische Kunstfaser (englisch auch Nervenfaser = nerve fiber) können Lernende entsprechender Berufe verwirren, besonders wenn sie gleichzeitig Englisch lernen (Fibber = Schwindler) oder abends gerne das gleichnamige Flunker-Spiel spielen.
Fieber, Fiber, Fibber eignen sich hervorragend als Beispiele, wie sich ähnliche Wörter, die schnellstens "sitzen" sollen, über eine abenteuerliche Geschichte sicher im Gehirn verankern lassen: Boris war schon an der Yale-Uni als Fibber bekannt, und konnte doch das Brexit-Fieber durch Gerüchte anfeuern, die ganz klar dünner als Fiber-Fasern waren.
Das Abenteuer kommt übrigens auch nicht vom teuren Abend, sondern hat sich aus dem lateinischen advenire, Advent zum ganz besonderen Erlebnis entwickelt.
Unsere Namen für Tiere (und Pflanzen) haben sich über so viele Stationen entwickelt, dass die Wortherkunft nur durch lange Geschichten darzustellen wäre (falls sie überhaupt schon abschließend geklärt werden konnte). Die korrekte Schreibweise von Tiger und Biber lernen Nicht-Biologen deshalb schneller über einen Zoobesuch, oder mit dieser, als sicherer und systematischer Weg zur korrekten ie-Schreibung empfohlenen Methode: https://t1p.de/b0ld.
5. Rhythmus und Algorithmus
Wenn der "Algorythmus (Algorytmus, Algoritmus)" im falschen "Rhytmus (Rythmus, Rhithmus, etc.)" läuft, klappt es weder mit dem ersten Platz unter den Google-Suchergebnissen noch mit der Eins im Diktat.
Das Wort Rhythmus verfügt über zwei "h", weil es aus dem Griechischen (über die lateinische Form) ins Deutsche entlehnt wurde und nach wie vor wie das griechische Herkunftswort mit "Rhy" und "th" geschrieben wird.
Der Algorithmus gibt keinen Rhythmus vor, sondern eine eindeutige mathematische Handlungsanweisung zur Lösung eines oder mehrerer Probleme. Das Wort Algorithmus hat sich aus dem Namen des persischen Rechenmeisters und Astronomen entwickelt, der im 12. Jahrhundert das allgemein als arabisch bekannte und in Wirklichkeit indisch-arabische Zahlensystem in die westliche Welt brachte, mit dem wir seitdem rechnen.
6. Antipathie und Apartheid, Diphtherie und Dystrophie, Katastrophe und Koryphäe, Philosophie, Prophylaxe, Reflexion und Sympathie
Wenn Sie eine "Antipatie" gegen "Apartheits"-Politik hegen, Ihr Kind wegen drohender "Distrophien" gegen "Difterie" impfen lassen, bei "Katastrofen" auf den Rat von "Koripheen" hören, "Profilaxe" zu Ihrer "Filosophie" zählen und "Reflektion" bei Ihnen immer "Symphatie" erregt - weist Sie das als rechtsbewussten, fürsorglichen und umsichtigen Menschen aus, doch leider nicht unbedingt als Rechtschreib-Koryphäe.
Die Erklärungen würden diesen Artikel restlos überfrachten - wie gut, dass Sie die mit Nachschlagen der korrekten Formen verbundene Sisyphosarbeit auch gerne als Sisyphusarbeit beschreiben dürfen.
7. Babys und Ponys, Partys und andere Hobbys
Babys und Ponys, Partys und andere Hobbys werden bei uns genau so geschrieben und nicht etwa "Babies", "Ponies", "Parties", "Hobbies" wie in der englischen Sprache-
Das gilt für alle Anglizismen, die in die deutsche Sprache übernommen wurden (im deutschen Duden stehen) und in deutschen Texten eingesetzt werden.
8. E-Mail und Loser
Die oder das "Email (eMail, email)" ist im Deutschen immer eine oder ein E-Mail; und der "Looser" wird sich auch nur als Verlierer fühlen, wenn er als Loser bezeichnet wird.
Denn das Wort Email ist hierzulande für den glasharten, hitzebeständigen Metall-Schmelzüberzug reserviert, der schön und praktisch Becher, Schüsseln und Topfe überzieht (und der auch als Emaille bekannt ist).
Der Loser (Verlierer) ist die substantivierte Form des Verbs to lose (verlieren), während das Adjektiv loose (locker) zu looser gesteigert werden kann, was dann "lockerer" bedeutet.
9. Aus dem Stegreif, ziemlich selbstständig oder gar nicht?
Schwer zu sagen, weil es nur selten besser ist, die Angelegenheit "garnicht" statt "ziehmlich" selbständig oder gleich aus dem "Stehgreif" zu erledigen.
Denn der Stegreif ist der "Steg-reif" (alte Bezeichnung für Steigbügel) am Pferdesattel, von dem aus der Reiter ganz schnell etwas erledigt hat.
Ziemlich kommt vom Verb ziemen (sich fügen, passen), ein überflüssiges "h" ziemt sich also nicht. Weil das Wort ziemen bis auf diesen Ausdruck fast ausgestorben ist, gibt es auch eine Eselsbrücke: Wer ziemlich mit "h" schreibt, ist dämlich.
Diese Eselsbrücke setzt natürlich voraus, dass die Ableitung von dämlich aus der Bezeichnung Dame bekannt ist (die ursprünglich für geziertes Getue stand und erst später in Richtung dumm verrutschte).
Selbstständigen empfiehlt der Duden die Schreibung selbstständig (ganz im Sinne von selbst und ständig arbeitend); die Schreibung selbständig wird aber als Alternative akzeptiert.
"Gar nicht" wäre eine Anweisung, etwas nicht zu kochen, während "gar nicht" so viel wie gänzlich, wirklich nicht bedeutet: Hast Du jetzt gar den Verstand verloren? = Hast Du jetzt vollends den Verstand verloren?
10. Effektiv oder effizient; empathisch oder emphatisch; mythisch oder mystisch?
Alles vollkommen richtig geschrieben; hier sollten Sie nur darauf achten, Ihrer inhaltlichen Aussage auch das richtige Wort zuzuordnen.
Denn effektiv ist jedes Handeln, wenn mit ihm die gewünschte Wirkung erreicht werden kann. Effizient ist nur das Handeln, das die gewünschte Wirkung mit dem gewünschten (meist: geringsten) Aufwand erreicht. Es ist also durchaus effektiv, den Rasen vor dem Haus mit der Nagelschere zu mähen, effizient aber bestimmt nicht, wenn der Rasen größer als ein DIN-A4-Blatt ist.
Empathie ist das Mitgefühl, Einfühlungsvermögen, während die Emphase für Nachdruck und Eindringlichkeit steht. Freunde sollten also besser empathisch statt emphatisch getröstet werden, während bockige Kinder erst Emphase und danach Empathie benötigen.
Mythisch bedeutet: Zu Mythen gehörend, für sie charakteristisch; einem Mythos entstammend, Mythen betreffend. Mythen sind (eher weltliche) Sagen, Erzählungen, Überlieferungen aus der Vergangenheit, die sich auch um Personen und Ereignisse drehen können, die zu einem Mythos verklärt wurden.
Mystisch verweist auf die Mystik, eine religiöse Anschauung, die durch Askese und Versenkung eine persönliche, sinnlich erfahrbare Verbindung mit dem Göttlichen sucht.
11. Annullieren, diffizil, Brillant
Die Idee, die Möbelhausbestellung zu "annulieren", um sich nicht mit dem "difficilen" Aufbau beschäftigen zu müssen - ist nicht so "brilliant", dass es dafür einen Rechtschreib-"Brilianten" gibt.
Denn brillant (sehr gut, ausgezeichnet, blendend, fantastisch) kommt vom französischen Verb briller (brillieren, brillant ist das 1. Partizip) und der Brillant ist ein Diamant mit vor Strahlkraft blendendem Brillant-Schliff.
Diffizil kommt zwar vom französischen difficile bzw. vom lateinischen difficilis (nicht leicht zu tun, schwierig, kompliziert) - wird aber im Deutschen trotz gleicher Bedeutung mit "z" geschrieben; das kann man leider einfach nur lernen.
Beim Annullieren (für ungültig erklären) hilft die Wortherkunft wieder, das kommt vom spätlateinischen annullare, welches wiederum aus dem lateinischen Wort nullus = null abgeleitet wurde.
12. Außerdem bloß noch: Biss und Beißen, Geisel und Geißel, Kreis und Kreißsaal, Strass und Straße, weiß und weismachen, Kuss und Fuß und Schluss
Weil "Biße" nun einmal nicht "beissen" können, "Geißeln" nicht auch noch "gegeiselt" werden sollten und der "Kreissaal" sehr selten kreisrund gebaut ist. Auch lässt sich kaum jemand "weißmachen", dass Strass "weis" sei, die "Strasse" nicht nur in der Schweiz mit "ss" geschrieben wird und ein Tritt mit dem "Fuss" besser sei als ein "Kuß".
Diese meisten dieser Fehler machen Sie nie wieder, wenn Sie sich die vielleicht einfachste Rechtschreibregel merken:
Nach langen Vokalen (die aa, ee, ii, etc. gesprochen werden) und nach Umlauten (au, ei, ö, etc.) wird ein doppeltes "s" als "ß" (Eszett, scharfes "s") geschrieben.
- Kurzer Vokal, "ss": Biss, Strass, Kuss, Schluss
- Langer Vokal, "ß": Bloß, Straße, Fuß
- Umlaut, "ß": Außerdem, Beißen, Geißel, Kreißsaal, weiße Farbe
Beim Rest hilft die Wortherkunft:
- Die Geisel ist ein Mensch, der zur Durchsetzung (meist böser) Absichten gefangen genommen und festgehalten wird.
- Die Geißel ist eine Peitsche oder ein Riemen die zur Züchtigung (Bestrafung) oder sonstigen gewaltsamen Zwecken verwendet wird.
Der Weg zum richtigen Wort
Mehr oft falsch geschriebene Wörter finden Sie in dieser Duden-Liste https://www.duden.de/Liste-der-rechtschreiblich-schwierigen-Woerter und hier: www.allesgelingt.de/blog/die_hundert_schwierigsten_worter_der_deutschen_sprache_im_bezug_auf_rechtschreibung.html (die 100 schwierigsten Wörter aus der Sicht eines Menschen, der nicht mit der deutschen Sprache aufgewachsen ist).
Wie Sie gesehen haben, ist aber kein Wort wirklich schwierig, wenn Sie sich ein wenig mit der genauen Bedeutung und der Herkunft beschäftigen.
"Sprache braucht Liebe und Aufmerksamkeit, Rechtschreibung braucht Sprachgefühl und Forscherdrang", ist eine Formel, die Sprach-Interessierte mit viel Spaß zum sicheren Erfolg führt.
Wenn Sie einmal darüber nachgedacht haben, dass sich das Weiß machen (streichen, "weißen") einer Wand grundlegend vom weismachen wilder Geschichten unterscheidet, werden sie auch diese Wörter kaum mehr verwechseln.
Wenn Sie sich einmal damit beschäftigt haben, dass "to lose" (verlieren) in der englischen Sprache mit einem stimmlosen, leicht zischenden "s" (wie im englischen "Spain" für Spanien) gesprochen wird, während der "loose" = lockere Zahn einem englischen Zahnarzt mit einem stimmvollen "s" (wie in "Sahne") vorgestellt werden müsste, wird der Loser für Sie immer zum Verlierer statt zum Adjektiv "lockerer" (looser) oder zu einem (substantivierten) Gelockerten.