Unsere Sprache bietet uns die Möglichkeit, beinahe all unsere Gedanken in verständlicher Form wiederzugeben. Mithilfe von Wörtern können wir Sätze bilden, die uns die Kommunikation mit unseren Mitmenschen und damit unser gesamtes Alltagsleben erleichtern. Einige Wörter klingen dabei besonders natürlich und erinnern uns unmittelbar an den Klang bestimmter Geräusche.
Die Abstraktion der Sprache
Wenn wir länger über den Klang einzelner Wörter nachdenken, fragen wir uns vielleicht, woher ein bestimmtes Wort eigentlich kommt und wie es entstanden ist. Wieso heißt ein Baum "Baum" und wieso heißt ein Tisch "Tisch"? Die meisten dieser Wörter können bei genauerem Hinsehen sehr willkürlich und abstrakt erscheinen. Selbstverständlich lässt sich in vielen Fällen rekonstruieren, aus welchem geographischen Raum diese Wörter stammen oder wann und wie sie entstanden sind. Letztendlich müssen wir uns jedoch damit zufriedengeben, dass viele Wörter ihre Bedeutung erhalten haben, weil eine Person oder eine Gruppe von Personen sich dieses Wort schlicht und einfach ausgedacht hat.
Das Malen mit Worten
Anders verhält es sich mit Wörtern, die bestimmte Geräusche beschreiben oder nachahmen. Solche Wörter werden als Onomatopoetika bezeichnet, was bedeutet, dass sie nicht-sprachliche Laute durch sprachliche Mittel nachahmen. Beispiele dafür gibt es viele - Onomatopoetika haben sich in unsere Sprache eingeschlichen und machen diese bildlicher, lebendiger und anschaulicher. Mithilfe von Wörtern oder Wortfolgen wird der Zuhörer oder Leser daran erinnert, wie die Laute, die diese Worte beschreiben, tatsächlich klingen - denn sie geben ein Geräusch wieder oder ahmen es nach. Onomatopoesie bedeutet auch Lautmalerei oder Klangmalerei und ist ein Stilmittel der Rhetorik. Dieses Stilmittel wird sowohl in der Alltagssprache, als auch in allen literarischen Gattung seit Jahrtausenden verwendet.
Lautmalerei in der Literatur
In der Literatur ist die Lautmalerei bereits seit der Antike belegt und lässt sich seitdem in jeder Literaturepoche belegen. In den letzten Jahrhunderten haben sich deren Ausprägungen jedoch verändert und verstärkt. In der Literatur der letzten beiden Jahrhunderte kommt die Onomatopoesie auch in experimenteller Form vor und grenzt in nicht wenigen literarischen Werken bereits an den Nonsens. Beispiele für berühmte lautmalerische Gedichte, die frei von jeglicher lexikalischer Bedeutung sind, sind "Das große Lalula" von Christian Morgenstern aus dem Jahre 1905 sowie "Kikakokú!" von Paul Scheerbart aus dem Jahre 1897.
Lautmalerei im Alltag
Beinahe alle Menschen verwenden in ihrer Alltagssprache Onomatopoetika - größtenteils, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein. Onomatopoesie umfasst viele Wörter, die Bestandteil unseres alltäglichen Sprachrepertoires sind und von uns vielleicht nicht auf den ersten Blick als solche erkannt werden. Was die Alltagssprache betrifft, ist die Lautmalerei besonders in der Kindersprache verbreitet, aber auch in Comics und im Internet, beispielsweise in Chats und Foren. Besonders Tierlaute und Geräusche der Natur werden mit Hilfe von Onomatopoetika nachgeahmt. Die Lautmalerei lässt die Alltagssprache besonders lebhaft, natürlich und anschaulich wirken und wird von Menschen häufig intuitiv eingesetzt.
Die Formen der Lautmalerei
Es existieren drei verschiedene Gattungen von Onomatopoesie. Vertreter jeder dieser drei Gattungen ahmen den tatsächlichen Klang eines Geräuschs auf unterschiedliche Art und Weise nach.
Wortbildende Onomatopoetika
Wortbildende Onomatopoesie bedeutet die Bildung eigener Wörter, die das Gemeinte lautmalerisch nachahmen. Der Klang dieser Wörter erinnert stark an den Klang des tatsächlichen Gegenstands oder des Ereignisses, welches durch das Wort beschrieben wird.
Beispiele hierfür sind folgende Wörter: klirren, knallen, rauschen, klappern, rumpeln, bellen, krachen, piepen, flüstern, summen
Umschreibende Onomatopoetika
Umschreibende Onomatopoesie bezeichnet die Bildung oder Verwendung von Wörtern, welche den Laut des zu beschreibenden Ereignisses oder Gegenstands nur andeuten. Diese Wörter klingen nicht unmittelbar wie das zu beschreibende Geräusch, aber erinnern daran.
Beispiele hierfür sind folgende Wörter: trompetend, flötend, metallisch klingend, geigen,
Interjektionen
Unter Interjektionen versteht man Wörter, die keine lexikalische Bedeutung haben - sie beziehen sich also weder auf konkrete Gegenstände, noch konkrete Ereignisse. Dennoch drücken diese Wörter etwas aus, was vom Zuhörer oder Leser in der Regel verstanden wird.
Beispiele hierfür sind folgende Wörter: huch, wumms, peng, au, klipp-klapp, wauwau, kikeriki, bum, tschilp
Die Geschichte der Onomatopoesie
Lautmalerei ist kein modernes Phänomen, im Gegenteil - bereits die alten Griechen machten sich im fünften Jahrhundert vor Christus Gedanken darüber, ob der Klang von Wörtern deren genaue Bedeutung widerspiegeln würde. Die griechischen Philosophen fragten sich, ob ein dichterisches Werk allein durch die Töne der Buchstaben, also vermeintlich ohne jeglichen lexikalischen Inhalt, eine gewünschte Wirkung erzielen können.
Sie machten sich zudem Gedanken darüber, ob es einen Ur-Klang gäbe - also ein ursprüngliches Wort, welches durch seinen natürlichen Klang die Natur der Dinge beschreiben würde. Onomatopoetika wie "mam-mam-mam", welches einer der ersten Laute ist, die viele Kleinkinder auf der ganzen Welt von sich geben, legen dies nahe. Weitere Indizien, die für diese Theorie sprechen, finden wir im alten Indien, genauer gesagt in der Sprache Sanskrit. Der hinduistischen Philosophie zufolge ist "Om" die heilige Silbe, aus dessen Vibration das gesamte Universum entstand.